Legitimation von Verwaltungshandeln ‒ Veränderungen und Konstanten
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Bovens/ Schillemans
2011), „Transparenz“ und „Performanz“ (
Pollitt
2006, 2010;
Van
Dooren et al.
2010) diskutiert wird. Dies hat unter anderem damit zu tun, dass vor allem
im Zuge der New Public Management-inspirierten Staats- und Verwaltungsreformen Le-
gitimitätsfragen öffentlichen Handelns stark mit normativen Forderungen nach mehr
Transparenz hinsichtlich der Performanz und Verantwortlichkeitsstrukturen im öffentli-
chen Sektor verknüpft wurden (
Kuhlmann/Wollmann
2014, S. 113ff.). In der Post-NPM-
Phase kamen zusätzlich noch die Dimensionen von „Beteiligung“ (
Holtkamp
2006) und
„Vertrauen“ (
Dubnick/Frederickson
2011) hinzu, denen in Abkehr von der rein betriebs-
wirtschaftlich-manageriellen Logik nunmehr verstärkt Aufmerksamkeit zugewandt wird,
wenn es darum geht, die Legitimationsquellen öffentlichen Handelns zu untersuchen. Al-
lerdings herrscht hinsichtlich der Wechselwirkungen zwischen diesen Dimensionen weder
konzeptionell noch empirisch hinreichend Klarheit. Deshalb scheint es geboten, zunächst
den hier verwendeten Legitimitätsbegriff zu erläutern.
Lässt sich zwar Legitimität grundsätzlich als freiwillige Folgebereitschaft derer ver-
stehen, denen die Befolgung staatlicher Regeln oder Entscheidungen zugemutet wird, gibt
es gleichwohl in der Literatur selten präzise Definitionen (vgl.
Suchman
1995;
Mayntz
2011). Ein hilfreicher Definitionsvorschlag, der sich insbesondere für organisations- und
verwaltungswissenschaftliche Analysezwecke als gewinnbringend erweist, findet sich bei
Suchman
:
„Legitimacy is a generalized perception or assumption that the actions of an entity are desirable,
proper, or appropriate within some socially constructed systems of norms, values, beliefs, and defi-
nitions” (Suchmann 1995, S. 574).
Diese Definition fasst Legitimität als subjektives Phänomen oder, um an
Max Weber
an-
zuknüpfen, als „Legitimitätsglauben“ (
Weber
1956, S. 26), d.h. als innere Anerkennung,
Einverständnis, das Gelten-Sollen einer Herrschaftsordnung, das die Beherrschten und die
politisch Handelnden dieser zuschreiben (
Esser
2002, S. 276). Das heißt also: „legitimacy
is a belief” (
Mayntz
2011, S. 138) und sie muss daher in ähnlicher Weise wie andere sozi-
al relevante, subjektive Phänomene der empirischen Analyse zugänglich gemacht werden.
Hierfür bieten sich – wie auch die Beiträge in diesem Themenheft zeigen ‒ unterschiedli-
che Instrumentarien der (vor allem einstellungsorientierten) empirischen Sozialforschung
an. Entscheidend ist hier die Erkenntnis, dass Legitimation kein (normativ) statisches,
sondern ein (empirisch) dynamisches Konzept ist und institutionelle Ordnungen somit ak-
tiv zu ihrer eigenen Legitimierung beitragen können (
Esser
2002, S. 276).
Greift man auf die speziell in Deutschland besonders ausgeprägte Debatte um das
Verhältnis von Legalität und Legitimität zurück, kann hinsichtlich der Legitimationsquel-
len und -mechanismen zunächst zwischen prozeduraler und substanzieller Legitimierung
unterschieden werden (
Luhmann
1993;
Westle
1991
; Mayntz
2011). Die Anerkennungs-
würdigkeit von Institutionen und Folgebereitschaft von Adressaten kann demnach einer-
seits aus der Verfahrensgerechtigkeit (procedural justice; vgl.
Lind/Tyler
1988;
Tyler
2001) oder auch „Legitimation durch Verfahren“ (
Luhmann
1993) resultieren, womit eher
prozedurale Bewertungskriterien, Legalität und die „ununterbrochene Legitimationskette“
demokratischen Regierens angesprochen sind. Andererseits kann sich Legitimität aus den
real erbrachten Leistungen, Ergebnissen und Outcomes sowie durch die positive individu-
elle (Nutzen-)Bewertung speisen, was auf die inhaltliche Substanz oder den materiellen
Gehalt von Entscheidungen und Handlungen abstellt. Allerdings ist die positive Bewer-
tung sowohl des formalen Verfahrens als auch des materiellen Ergebnisses die Vorausset-