Background Image
Previous Page  8 / 120 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 8 / 120 Next Page
Page Background

242

Jörg Bogumil/Sabine Kuhlmann

3 Wandel von Legitimationsquellen und -mechanismen

Im Folgenden soll betrachtet werden, inwieweit sich beide Quellen der Legitimationsbe-

schaffung (input und output), bezogen auf die öffentliche Verwaltung, gewandelt haben

und ob durch diese Wandlungsprozesse traditionell dominierende Legitimationsquellen

außer Kraft gesetzt, in Frage gestellt, weniger wirksam oder durch andere Instrumente er-

gänzt wurden.

Generell ist der Wandel von Legitimationsquellen kein neues Phänomen, ist doch be-

reits seit den 1970er-Jahren davon die Rede, dass die klassischen Legitimierungsstrate-

gien mittels der Kerninstitutionen repräsentativ-parlamentarischer Demokratie (Parteien,

Wahlen, Parlamente, Regierung, Verwaltung) an Bedeutung verloren haben und die An-

erkennungs- und Folgebereitschaft der Bürger durch sie allein nicht mehr hinreichend si-

chergestellt werden kann (vgl.

Habermas

1973;

Offe

1972). Allerdings ließen sich für den

normativen Krisendiskurs empirisch nur bedingt Belege finden (vgl.

Kaase

1979;

Heidorn

1982), und nach wie vor hat auch die Mehrheit der „kritischen Bürger“ ein

grundlegendes Vertrauen in demokratische Werte und Verfahren. Vor diesem Hinter-

grund ist auch davor gewarnt worden, eine umfassende Legitimationskrise zu diagnosti-

zieren (

Blatter

2007, S. 274). Gleichwohl ist durchgehend in den westlichen Staaten ein

Trend zu geringerem Vertrauen in die klassischen demokratischen Institutionen und sin-

kende Wahlbeteiligung festzustellen. Die Erwartungen und Anforderungen, die an die

Legitimierungsmechanismen und -instrumentarien gestellt werden, haben sich inzwischen

deutlich gewandelt, was teils auch mit einem gewandelten Staatsverständnis im Zusam-

menhang steht (vgl.

Bogumil/Jann

2009, S. 53ff.).

Neue Quellen, Instanzen und Verfahren der Legitimierung kommen in Ergänzung der

traditionellen, in ihrer Wirkung zunehmend eingeschränkten Institutionen, zur Anwen-

dung, wenngleich ihr tatsächlicher Legitimationseffekt bislang wenig empirisch belegt ist.

Auch die klassische Vorstellung eines einzigen Zentrums von Verantwortlichkeit und ei-

nes dominanten Legitimierungsmechanismus ist schon länger aufgegeben worden. Statt-

dessen gibt es inzwischen vielfältige Wege, Quellen und polyzentrische Strukturen von

Legitimierungsinstanzen, die allerdings ihrerseits wiederum neue Probleme von Transpa-

renz und Verantwortlichkeit aufwerfen (

Bovens/Schillemans

2011;

Jann/Jantz

2013), was

auch als „problem of many hands“ (

Bovens

2007, S. 457) oder als „multiple accountabili-

ty disorder“ (

Vrangbaek/Byrkjeflot

2015, S. 1) bezeichnet worden ist.

3.1 Wandel der Inputlegitimierung

Im Bereich der Inputlegitimierung werden im Folgenden zwei Bereiche herausgegriffen,

in denen sich ein für die öffentliche Verwaltung relevanter Wandel von klassischen Me-

chanismen zu neuen Formen zeigt und die beide vor allem Fragen der politischen Ver-

antwortlichkeit und Transparenz betreffen. Zum einen geht es um die Legitimierung

durch direkte Bürgerbeteiligung, die in den Beiträgen von

Bauer

sowie

Fink/Ruffing

the-

matisiert werden, zum anderen um die Legitimierung durch Transparenz im politischen

Entscheidungsprozess, angesprochen in dem Beitrag von

Wewer

.

Die Legitimierung durch Beteiligung und Transparenz stellt an sich nichts Neues dar;

allerdings haben sich die Formen, Verfahren und Akteure gewandelt, über die Partizipati-

on stattfindet und Transparenz im Politikprozess generiert wird. So sind die oben genann-