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Jörg Bogumil/Sabine Kuhlmann
3 Wandel von Legitimationsquellen und -mechanismen
Im Folgenden soll betrachtet werden, inwieweit sich beide Quellen der Legitimationsbe-
schaffung (input und output), bezogen auf die öffentliche Verwaltung, gewandelt haben
und ob durch diese Wandlungsprozesse traditionell dominierende Legitimationsquellen
außer Kraft gesetzt, in Frage gestellt, weniger wirksam oder durch andere Instrumente er-
gänzt wurden.
Generell ist der Wandel von Legitimationsquellen kein neues Phänomen, ist doch be-
reits seit den 1970er-Jahren davon die Rede, dass die klassischen Legitimierungsstrate-
gien mittels der Kerninstitutionen repräsentativ-parlamentarischer Demokratie (Parteien,
Wahlen, Parlamente, Regierung, Verwaltung) an Bedeutung verloren haben und die An-
erkennungs- und Folgebereitschaft der Bürger durch sie allein nicht mehr hinreichend si-
chergestellt werden kann (vgl.
Habermas
1973;
Offe
1972). Allerdings ließen sich für den
normativen Krisendiskurs empirisch nur bedingt Belege finden (vgl.
Kaase
1979;
Heidorn
1982), und nach wie vor hat auch die Mehrheit der „kritischen Bürger“ ein
grundlegendes Vertrauen in demokratische Werte und Verfahren. Vor diesem Hinter-
grund ist auch davor gewarnt worden, eine umfassende Legitimationskrise zu diagnosti-
zieren (
Blatter
2007, S. 274). Gleichwohl ist durchgehend in den westlichen Staaten ein
Trend zu geringerem Vertrauen in die klassischen demokratischen Institutionen und sin-
kende Wahlbeteiligung festzustellen. Die Erwartungen und Anforderungen, die an die
Legitimierungsmechanismen und -instrumentarien gestellt werden, haben sich inzwischen
deutlich gewandelt, was teils auch mit einem gewandelten Staatsverständnis im Zusam-
menhang steht (vgl.
Bogumil/Jann
2009, S. 53ff.).
Neue Quellen, Instanzen und Verfahren der Legitimierung kommen in Ergänzung der
traditionellen, in ihrer Wirkung zunehmend eingeschränkten Institutionen, zur Anwen-
dung, wenngleich ihr tatsächlicher Legitimationseffekt bislang wenig empirisch belegt ist.
Auch die klassische Vorstellung eines einzigen Zentrums von Verantwortlichkeit und ei-
nes dominanten Legitimierungsmechanismus ist schon länger aufgegeben worden. Statt-
dessen gibt es inzwischen vielfältige Wege, Quellen und polyzentrische Strukturen von
Legitimierungsinstanzen, die allerdings ihrerseits wiederum neue Probleme von Transpa-
renz und Verantwortlichkeit aufwerfen (
Bovens/Schillemans
2011;
Jann/Jantz
2013), was
auch als „problem of many hands“ (
Bovens
2007, S. 457) oder als „multiple accountabili-
ty disorder“ (
Vrangbaek/Byrkjeflot
2015, S. 1) bezeichnet worden ist.
3.1 Wandel der Inputlegitimierung
Im Bereich der Inputlegitimierung werden im Folgenden zwei Bereiche herausgegriffen,
in denen sich ein für die öffentliche Verwaltung relevanter Wandel von klassischen Me-
chanismen zu neuen Formen zeigt und die beide vor allem Fragen der politischen Ver-
antwortlichkeit und Transparenz betreffen. Zum einen geht es um die Legitimierung
durch direkte Bürgerbeteiligung, die in den Beiträgen von
Bauer
sowie
Fink/Ruffing
the-
matisiert werden, zum anderen um die Legitimierung durch Transparenz im politischen
Entscheidungsprozess, angesprochen in dem Beitrag von
Wewer
.
Die Legitimierung durch Beteiligung und Transparenz stellt an sich nichts Neues dar;
allerdings haben sich die Formen, Verfahren und Akteure gewandelt, über die Partizipati-
on stattfindet und Transparenz im Politikprozess generiert wird. So sind die oben genann-