Legitimation von Verwaltungshandeln ‒ Veränderungen und Konstanten
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Beratungsgremien ergibt sich insgesamt ein gemischtes Bild, denn sie werden nicht nur
zur kontinuierlichen Sicherstellung der Repräsentation gesellschaftlicher Interessen und der
gemeinwohlorientierten Einbindung wissenschaftlicher Expertise genutzt, sondern sind
auch Ausdruck parteipolitischer Erwägungen.
Neben diesen Beiräten auf der Bundesebene ist auf Landesebene in den letzten Jahren
im Zuge von Verwaltungsstrukturreformen die Rolle von Sachverständigen- und En-
quetekommissionen thematisiert worden (z.B. in Thüringen und Brandenburg). Diese
zeichnen sich durch die Hinzuziehung von wissenschaftlicher Expertise bei der Begrün-
dung und Ausgestaltung von politisch umstrittenen Gebiets- und Funktionalreformen aus.
Hier vermischen sich die Logik wissenschaftlicher Expertise mit den realen, z.T. einge-
schränkten, Handlungsmöglichkeiten der jeweiligen Landesparlamente und der Logik po-
litischen Handelns. Am Beispiel der Enquetekommission „Kommunal- und Landesver-
waltung – bürgernah, effektiv und zukunftsfest – Brandenburg 2020“ in Brandenburg ist
beobachtbar, wie es gelingen kann, dass sich parteipolitische Blockaden durch die Hinzu-
ziehung wissenschaftlicher Expertise auflockern lassen (vgl. hierzu
Westphal
2014).
Hintergrund war die Notwendigkeit, die in Brandenburg bestehenden 14 Landkreise
und vier kreisfreien Städte mit 50.000 bis 200.000 Einwohnern aufgrund des starken de-
mographischen Wandel und der veränderten Finanzensituation zu reduzieren. Die kom-
munalen Spitzenverbände verbanden dies mit der Diskussion von Aufgabenverlagerungen
auf die kommunale Ebene. Da diese Notwendigkeit politisch zwar einerseits von vielen
prinzipiell eingesehen wird, aber dennoch politisch hochbrisant ist, war es nicht möglich,
eine rationale Diskussion über die konkreten Modalitäten zu starten. Faktisch gelang es
erst durch die Vergabe eines externen wissenschaftlichen Gutachtens durch die Enquete-
kommission zur Frage, welche Aufgaben unter welchen Gebietsbedingungen kommunali-
sierbar sind, die Diskussion im Rahmen der Enquete zu eröffnen (vgl.
Bogumil/Ebinger
2012). Wichtig war dabei, dass das wissenschaftliche Gutachten unterschiedliche Modell-
varianten präsentierte (zwischen 5 und 12 Landkreise), so dass Politik und Verwaltung
noch Handlungs- und Gestaltungsspielräume bleiben. Legitimation durch Expertenwissen
ist nur so lange hilfreich, wie dies nicht direkt oder indirekt die Legitimation der anderen
beteiligten Akteure infrage stellt. Im Ergebnis beschloss die Enquetekommission weitge-
hend parteiübergreifend einen Korridor von 7-10 Landkreisen. Voraussetzung für den Er-
folg der wissenschaftlichen Expertise ist jedoch, dass prinzipiell eine Lösung politisch
gewollt war und nachgefragt wurde. „Politisch“ ungefragtes Expertenwissen schafft da-
gegen weder Legitimation für den Experten noch zusätzliche Legitimation für ein politi-
sches Gremium.
Im Bereich der informationsbasierten Outputlegitimierung ist schließlich auch den
Rechnungshöfen, die in Deutschland eine lange Tradition haben
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, besondere Aufmerk-
samkeit zuzuwenden. Nach dem GG führen die 17 Rechnungshöfe im Bund und den 16
Ländern Verwaltungskontrolle in Form staatlicher Finanzkontrolle durch (vgl.
von Wedel
1998, S. 700,
Bogumil/Jann
2009, S. 142). Die Rechnungshöfe prüfen generell die Haus-
halts- und Wirtschaftsführung des Staates hinsichtlich seiner Ordnungsmäßigkeit (Rechts-
mäßigkeit, Vollständigkeit, Richtigkeit) und seiner Wirtschaftlichkeit (Verhältnis von Kos-
ten und Zweck).
Rechnungshöfe können durch ihre Tätigkeit, so
Höptner
(vgl.
Höptner
2014) zur Le-
gitimationsstärkung beitragen, wenn es ihnen gelingt, Transparenz herzustellen und Ver-
waltungen in die Pflicht zu nehmen, sich an den vorgegeben Rechtsrahmen zu halten. Die
Wirkung der Rechnungshöfe beruht dabei auf der Güte ihrer Argumente und ihrer Öffent-