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Jörg Bogumil/Sabine Kuhlmann

mente der Gesetzesfolgenabschätzung zu institutionalisieren. Die Folge wären ein Mehr

an methodischem Rigorismus und komplexere Verfahren. Allerdings ist hier zu bedenken,

dass eine strikte Quantifizierung und Monetarisierung (etwa des Nutzens) auch nicht über

alle Sektoren und Ebenen hinweg gleichermaßen machbar und sinnvoll sind. Im Hinblick

auf den NKR kommt hinzu, dass die (seit 2011 praktizierte) Einbeziehung des gesamten

Erfüllungsaufwands einer Regelung, der für Bürger, Wirtschaft, Bundes-, Landes- und

Kommunalverwaltung entsteht, methodisch ohnedies schon sehr anspruchsvoll und deut-

lich komplexer ist als die (bis 2011 ausschließlich vorgenommene) Messung jener Kos-

ten, die den Wirtschaftsunternehmen aus bundesrechtlich geregelten Informationspflich-

ten entstehen (vgl.

Kuhlmann/Veit

2013). Vor diesem Hintergrund ist es umstritten, ob ei-

ne noch umfassendere Erhebungssystematik und noch mehr methodische Stringenz legi-

timationssteigend wirken würden. Zumindest darf es als umstritten gelten, ob dadurch die

Nutzung und Akzeptanz des Instruments in Politik und Verwaltung sowie letztlich die Ra-

tionalität, Qualität und Legitimität politischer Entscheidungen (im Sinne von Better Regu-

lation) steigen. Neben Fragen der „richtigen“ Methodik, Datenbasis und der Machbarkeit

sind außerdem die Macht- und Interessenkonstellationen zu berücksichtigen, da evaluati-

ve Verfahren immer in ein interessengeleitetes Handlungsumfeld eingebettet sind und ihre

Ergebnisse stets der (politischen) Interpretation bedürfen, um ggf. legitimationsstiftend zu

wirken. So ist es letztlich eine politische Frage, welche Kosten in Kauf genommen wer-

den, um ein bestimmtes politisch gesetztes Ziel, z.B. das Risiko einer Finanzmarktkrise

einzudämmen, zu erreichen (vgl.

Kuhlmann/Veit

2013).

Zusammenfassend ist festzustellen, dass es einerseits durch Folgenabschätzungen,

evaluative Verfahren und speziell durch die ex ante Prüfung von Erfüllungsaufwands-

schätzungen durch den NKR zu einer stärkeren Transparenz von Folgekosten gesetzgebe-

rischen Handelns und höhere „Sensibilität“ für Politikwirkungen gekommen ist. Allein

die (durch Bundesgesetz abgesicherte) Institutionalisierung des NKR als unabhängiges

Gremium und sein Agieren im Gesetzgebungsverfahren haben eine Ausstrahlwirkung auf

den gesamten Rechtsetzungsprozess entfaltet. Andererseits sind die Effekte bezüglich ei-

ner Stärkung der Legitimation von Verwaltungshandeln noch unklar. Zwar ist es unstrit-

tig, dass zur Herstellung/Steigerung der Legitimität von Politik- und Verwaltungshandeln

die Informationsbeschaffung, Evidenzgenerierung und Herstellung von Folgentransparenz

(zunehmend) nötig sind. Jedoch kann Legitimität

alleine

durch eine optimierte Informati-

onsversorgung nicht verbessert werden, da politisch-administrative Entscheidungsprozes-

se immer Macht- und Informationsverarbeitungsprozesse zugleich sind (vgl.

Bogumil

2011).

Die Frage der Legitimationsbeschaffung durch Beratungs- und Expertengremien wird

auch durch

Fleischer

in ihrem Beitrag untersucht. Sie befasst sich speziell mit den Dyna-

miken der Gremienlandschaft (Beiräte und Sachverständigenräte) auf Bundesebene von

1966 bis 2013 und deren Konsequenzen für die Legitimation von Verwaltungshandeln.

Diese Gremien dienen als Aushandlungsarenen zur Repräsentation gesellschaftlicher Inte-

ressen, die entweder in „neutralisierender“ Weise von wissenschaftlichen Mitgliedern oder

aber in plural zusammengesetzten Gremien direkt über die Vertreter organisierter Interes-

sen übermittelt werden. Insbesondere die Einbindung wissenschaftlicher Expertise und ih-

re Autonomie wirkte legitimationsstiftend für den Entscheidungsprozess und dessen Er-

gebnis. Für Deutschland zeigen sich in quantitativer Hinsicht eine erstaunliche Konstanz

der Gremienlandschaft sowie die besondere Bedeutung machtpolitischer Motive für die

Gründung und Abschaffung solcher Gremien. Für die legitimationsstiftende Rolle von