Legitimation durch Gesetzesfolgenabschätzung?
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mation ergibt sich aber gerade daraus, dass erkennbar wird, welche Gesetzesfolgen
von den nicht gewählten Alternativen ausgegangen wären. Beim Mindestlohn dürfte
sich z.B. aus alternativen Stundenlöhnen in Höhe von 6,00, 8,50 und 10,00 Euro die
Zielführung der gewählten Höhe von 8,50 Euro ergeben. Auch die Auswirkungen der
Unterlassung – als Spiegelbild der Zielformulierung – könnten die Alternativenprü-
fung legitimationserhöhend ergänzen.
‒ Die derzeit pauschal als Gesamtsummen ausgewiesenen haushaltswirtschaftlichen
Folgen könnten ähnlich wie der Erfüllungsaufwand ebenfalls mit Fallzahlen und den
je Fall erwarteten durchschnittlichen Mehr- und Minderausgaben und -einnahmen in
der o.a. Datenbank ausgewiesen werden.
‒ Auch die Gender-Mainstreaming-Prüfung kann methodisch unschwer und mit sehr
geringem Aufwand präzisiert werden, indem routinemäßig die Zahl der betroffenen
BürgerInnen nicht als Gesamtzahl angegeben wird, sondern eine geschlechterspezifi-
sche Schätzung erfolgt. Bei vielen Regelungsvorhaben wird diese Prüfung keine we-
sentlichen Unterschiede bei den Fallzahlen für Männer und Frauen feststellen. Eine
deutlich ungleiche Fallzahl ist allerdings dann als Kriterium zu werten, dass eine in-
tendierte oder auch nicht intendierte Ungleichbehandlung vorliegt, die dann die der-
zeit schon vorgesehene erweiterte Prüfung auslöst.
Mit diesen vier Maßnahmen, die keinen wesentlichen Mehraufwand gegenüber dem der-
zeitigen Verfahren bedeuten, sondern im Wesentlichen eine bessere und für die Öffent-
lichkeit zugängliche Dokumentation mit elektronischer Infrastruktur implizieren, wären
die derzeitigen Transparenzprobleme der Gesetzesfolgenabschätzung des Bundes weitge-
hend behoben.
4.2 Quantifizierung unmittelbarer Standard-Nutzen mit SKM
Der Gesetzesfolgenabschätzung liegt die Vorstellung zugrunde, dass die Einführung einer
gesetzlichen Regelung die Folge einer Abwägung von Nutzen und Kosten ist.
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Da der
Nutzen und die Kosten von Regulierung jedoch sehr vielschichtig sind, bedarf es für de-
ren Ermittlung unterschiedlicher Methoden und Verfahren. Ist bereits die Erfassung von
Kosten der Regulierung sehr anspruchsvoll – beim Blick in verschiedene Länder mit ent-
sprechenden Systemen hat sich bislang kein einheitliches System etabliert – so ist die Er-
fassung von Nutzen noch anspruchsvoller und methodisch schwieriger, wie die Varianz in
den Ansätzen anderer Länder zeigt.
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Nutzen im Sinne von ,social benefit‘ der Nutzen-
Kosten-Analyse sind vor diesem Hintergrund kaum präzise ermittelbar.
Bei der Analyse der Benefit-Seite sind verschiedene Stufen von mehr oder weniger
gut quantifizierbaren Nutzen zu unterscheiden:
‒ Unmittelbare monetäre Nutzen
oder auch
„Rückflüsse“
bestehen in Minderauf-
wendungen bzw. Mehreinkommen für die Normadressaten. Ebenfalls zu den unmit-
telbaren Wirkungen zählen Minderaufwendungen bzw. Mehreinkommen für andere
öffentliche Haushalte (neben „haushaltswirtschaftlichen Auswirkungen“) sowie ande-
re Unternehmen und/oder BürgerInnen, die nicht unmittelbar Normadressaten des un-
tersuchten Regelungsentwurfs sind. Diese Kategorie ist im Regelfall relativ gut zu
quantifizieren, denn es liegen ähnliche Probleme ihrer Schätzung vor wie beim ei-
gentlichen Erfüllungsaufwand.