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Legitimation durch Gesetzesfolgenabschätzung?

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Mrd. Euro Sozialversicherungsbeiträge und 1,24 Mrd. Euro Lohnsteuer geringer ausfällt.

Zudem stehen den höheren Bruttoeinkommen in vielen Fällen geringere Ansprüche auf

bestimmte Sozialleistungen wie bspw. das Wohngeld gegenüber, was wiederum als Ent-

lastung von Bürgerinnen und Bürgern beim Erfüllungsaufwand für die Beantragung von

Sozialleistungen verbucht werden kann, da für einige der Weg zum zuständigen Amt und

die Beantragung entsprechender Leistungen mit den dafür nötigen Aufwendungen nicht

mehr erforderlich sein dürfte.

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Für die öffentlichen Haushalte ergeben sich korrespondierend als Folgen der Einfüh-

rung des Mindestlohns unmittelbare Rückflüsse, Minderaufwendungen bzw. Mehrein-

nahmen:

‒ Die Sozialversicherungen sollten Mehreinnahmen in einer Größenordnung von 2,6

Mrd. Euro (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile) verzeichnen, die Finanzämter 1,24

Mrd. Euro Lohnsteuermehreinnahmen.

‒ Weiter dürfte es zu einer geringeren Zahl von Aufstockungen und KdU-Fällen kom-

men, die somit zu Entlastungen bei der Bundesagentur für Arbeit und den Kommunen

führen. Denn geringere Fallzahlen sind gleichbedeutend mit weniger Aufwand für die

Bearbeitung von Aufstockungen. Der Erfüllungsaufwand für die gesetzliche Grundla-

ge zur Gewährung ergänzender Leistungen zum SGB II dürfte sinken. Die Zahl des

Minderbedarfs an Stellen für die Bearbeitung dieser Fälle wäre somit in Relation zum

Stellenmehrbedarf in der Zollverwaltung zu setzen. Weitere unmittelbare monetäre

Effekte ergeben sich durch Minderausgaben im Bereich des Wohngeldes und des

Kindergeldes auf Grund reduzierter Ansprüche als Folge der Aufstockung der Ein-

kommen der betroffenen Beschäftigten.

Weitere Quantifizierungen der mittelbaren Nutzen sind nicht empfehlenswert, da sich die

Wirkkanäle, über welche sich die Einführung des Mindestlohns auswirkt, zwar qualitativ

beschreiben und auflisten lassen, nicht aber halbwegs präzise beziffern. So gehen von der

Einführung des Mindestlohns gesamtwirtschaftliche Einkommens- und Nachfrageeffekte

aus sowie Multiplikatoreffekte mit regional unterschiedlichen Ausprägungen. Die Einfüh-

rung eines Mindestlohns als eine Untergrenze für die Entlohnung von Arbeit reduziert das

Maß an Ungleichheit von Stundenlöhnen. Das dürfte zu einem geringeren Gini-Koeffi-

zienten führen, die Ungleichheit also reduziert werden. Weiterhin entstehen durch die hö-

here Entlohnung u.U. größere Anreize zur Arbeitsaufnahme anstelle eines Sozialleis-

tungsbezuges. Als ein Grund für die Einführung des Mindestlohns wird außerdem die

Eindämmung eines Lohnunterbietungswettbewerbs zu Lasten sozialer Sicherungssysteme

ins Feld geführt, zu dem es durch die staatliche Finanzierung von Aufstockern kommt.

Hierdurch wird für Unternehmen ein Anreiz gesetzt, Arbeit zu Löhnen nachzufragen, die

bei einer Vollzeitbeschäftigung unterhalb eines existenzsichernden Niveaus liegen. Die

Arbeitsaufnahme anstelle des Sozialleistungsbezuges ermöglicht den betroffenen Arbeit-

nehmern und Arbeitnehmerinnen eine bessere eigene Alterssicherung.

Auch wenn damit äußerst wichtige positive Effekte des Mindestlohns für die Brutto-

wertschöpfung nicht quantifiziert werden können – eine umfassende Evaluierung zu ei-

nem späteren Zeitpunkt auf verlässlicheren Daten sollte ohnehin unternommen werden –,

so reduziert sich der geschätzte Bruttoerfüllungsaufwand nach den dargestellten Berech-

nungen von rd. 11,08 Mrd. Euro durch die Verrechnung unmittelbarer Rückflüsse auf

weniger als 80 Mio. Euro für die Überwachung der Vorschriften. Diese wären wiederum

um die geringeren Aufwendungen für die nicht mehr erforderlichen Sozialleistungen, de-