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Gisela Färber/Dirk Zeitz
Hessens (HE) und Niedersachsens (NI) nach dem Vorhandensein eines Vermögens,
müsste allerdings seitens der Wohngeldbehörden zu Nachfragen und damit zu Interak-
tionsnotwendigkeiten zwischen den Normadressaten führen, da nicht das Vorhandensein
eines Vermögens bereits eine missbräuchliche Inanspruchnahme bedeuten würde, sondern
erst „wegen erheblichen Vermögens“.
Diese in dem Beispiel festgestellten, derzeit noch nicht systematisch gemessenen Un-
terschiede in der Vollzugsgestaltung und ihre Auswirkungen auf den Erfüllungsaufwand
erfordern eine konkrete Ursachenanalyse, auf welche Faktoren und Gründe ggf. Unter-
schiede im Erfüllungsaufwand zurückgeführt werden können. Liegen die Ursachen in der
bundesrechtlichen Grundlage oder sind sie auf die gewählte Vollzugsgestaltung der Län-
der und ihrer Kommunen zurückzuführen? Welche Rolle spielen organisatorische Spezi-
fika für die Unterschiede? Welche Unterschiede resultieren aus der Verortung der zustän-
digen Behörden und den Erfordernissen persönlichen Erscheinens z.B. bei den Wegekos-
ten der Antragstellerinnen und Antragsteller?
Um diese Fragen beantworten zu können und damit auch ein weiteres Feld des Quali-
tätsregelkreises der Gesetzesfolgenabschätzung zu belegen, wird ein Benchmarking der
Vollzugsprozesse vorgeschlagen. Die Zielsetzung von Vollzugs-Benchmarking umfasst
die Identifizierung von innovativen und kosteneffizienten Vollzugslösungen auf der voll-
ziehenden Ebene (horizontal), eine Rückkopplung der Erfahrungen des Vollzugs von der
vollziehenden Ebene auf die rechtsetzende Ebene (vertikal) und die Erreichung einer hö-
heren Transparenz über die gesetzgeberischen Ursachen des Erfüllungsaufwands und sei-
ne Zurechnung auf die verschiedenen Ebenen.
Die Entwicklung eines die Qualität der Gesetzesfolgenabschätzung deutlich erhöhen-
den Vollzugs-Benchmarkings muss sich insb. zwei Komplexen zuwenden:
‒ Die zu lösenden methodischen Fragen betreffen insbesondere die Wahl der dem
Benchmarking zugrundeliegenden qualitativen und quantitativen Indikatoren. Aus
Sicht der Theorie des Fiskalföderalismus gibt es eine Reihe von Gründen, die Voll-
zugsunterschiede zur Erreichung von Effizienz erforderlich machen. Das Konzept des
Erfüllungsaufwands eröffnet eine empirische Erfassung nicht nur der (Standard-)Ver-
waltungskosten, sondern auch der mit der Behördenlösung und den technischen Im-
plikationen verbundenen Wegekosten von Antragstellern. Räumliche Unterschiede
und Unterschiede in der Siedlungsstruktur der Bundesländer können ebenfalls den Er-
füllungsaufwand des Vollzugs beeinflussen. Als Ansatz zur Messung von Effektivität
und Effizienz bietet sich – ggf. mit Anpassungen – das bereits in der ex ante-Ab-
schätzung verwendete Konzept des Erfüllungsaufwands auf der Basis des Standard-
kosten-Modells an. Ergänzt werden könnte dies durch die Einbeziehung von Indikato-
ren, die eine Differenzierung der Qualität des Vollzugs ermöglichen. Perspektivisch
könnte sich auch eine Erweiterung auf den hier im Beitrag diskutierten Erfüllungsnut-
zen anbieten. Ebenso könnten Erhebungen bspw. zu verschiedenen qualitativen Merk-
malen des Vollzugs wie Verfahrensprozesse und Vollzugslösungen erfolgen.
‒ Eine stärkere Einbeziehung der Länder und Kommunen als vollziehende Akteure ist
zwingende Voraussetzung für eine erfolgreiche Anwendung des Vollzugs-Benchmar-
king. Die Kooperation der Länder und Kommunen zur Erfassung des Erfüllungsauf-
wands und ggf. weiterer (Vollzugs-)Indikatoren ist notwendig. Es ist daher eine Insti-
tutionalisierungsform zu finden, in denen die Mitwirkungsbereitschaft der Länder und
Kommunen entsprechend hoch ist. Somit kommen für die Durchführung von Voll-